Der Flugkünstler bleibt horsttreu
Normalerweise halten sich Rotmilane im näheren Umkreis von drei Kilometern um ihren Brutplatz auf. Gute Nahrungsquellen wie Mülldeponien werden jedoch regelmäßig noch in Entfernungen von bis zu sechs oder mehr Kilometern angeflogen. Die maximal nachgewiesene Entfernung vom Horst während der Brutzeit betrug sogar 15,5 Kilometer. Dabei sind allerdings große gebietsspezifische und offenbar auch individuelle Unterschiede zu verzeichnen.
Nicht Schwindelfrei? – Spektakuläre Flugszenen
Die Balz beginnt mit der Rückkehr ins Brutgebiet im Februar oder Anfang März. Während dieser Zeit kreisen Rotmilane oft auffällig und anhaltend über dem späteren Brutplatz, um diesen Bereich gegenüber Revierkonkurrenten zu markieren. Spektakulär sind die Balzflüge des Paares, die von minutenlangen, absolut gleichsinnigen Synchronflügen bis hin zu gemeinsamen „Trudelflügen“ reichen. Bei den „Trudelflügen“ fassen sich die Partner an den Fängen und stürzen umeinander trudelnd aus mehreren hundert Metern Höhe bis fast zu Boden. Erst im letzten Moment lassen sie sich wieder los und steigen getrennt wieder auf.

Nach Ankunft aus dem Winterquartier beginnen die Männchen sofort mit ihren markanten Balzflügen. Foto: C. Gelpke
Lumpen im Baumwipfel
Als Brutplätze werden hohe Bäume in ruhiger Lage bevorzugt. Vor allem lichte Althölzer bieten neben ausreichendem Schutz für den Neststandort und die rastenden Milane auch genügend Bewegungsfreiheit und freien An- sowie Abflug. Dabei liegt der Horststandort meist nicht weiter als 100 Meter vom Waldrand und somit den Nahrungsgebieten entfernt
Die Horste werden gerne in Höhen von vier bis 30, meist über 15 m in Rotbuchen, Eichen, Kiefern, Pappeln und anderen Bäumen errichtet.
Die recht kleinen Nester sind wie beim Schwarzmilan an der Auskleidung mit Lumpen, Papier, Kunststoffen, Fellresten oder ähnlichem Material zu erkennen. Beim Schwarzmilan ist nachgewiesen, dass sich durch diesen „Schmuck“ die Stärke der Bewohner ausdrückt. Überlegene Paare „schmücken“ ihr Nest sehr auffallend, während rangniedere Vögel auf den Schmuck verzichten.
Zwei Junge pro Brut sollten es sein
Rotmilan-Weibchen legen von Ende März bis Ende April meist zwei bis drei, manchmal auch ein oder sogar fünf Eier. Brutvögel der Flußauen beginnen meist einige Tage vor den Artgenossen in der Ackerlandschaft und den Mittelgebirgen mit der Eiablage. Zum Erhalt des Bestandes müssen im Durchschnitt mindestens zwei Junge je erfolgreicher Brut aufgezogen werden. Dieser Wert wird wegen Nahrungsmangel in Hessen und anderen Bereichen in Deutschland allerdings nur noch selten erreicht.
Auf eigenen Schwingen
Die Eier werden in Abständen von etwa drei Tagen gelegt, die Bebrütung beginnt meist in den ersten beiden Tagen nach Ablage des ersten Eis. Aus diesem Grund schlüpfen die Jungen mit einigen Tagen Abstand aus den Eiern, so dass die weitere Entwicklung um mehrere Tage auseinander liegt.
Die Bebrütung des einzelnen Eis dauert gut 30, für ein Gelege von drei Eiern etwa 38 Tage. Mit dem Schlüpfen der Jungen ist daher von Anfang bis Ende Mai zu rechnen. Im Alter von etwa sieben Wochen kommen die Jungen in das sogenannte Ästlingsstadium: Noch nicht flugfähig bewegen sie sich im Horstbaum oder benachbarten Bäumen hüpfend, springend und mit kurzen Flugstrecken umher. Dabei wird die Flugmuskulatur gestärkt und lebensnotwendige Verhaltensweisen trainiert. Mit dem eigentlichen Ausfliegen ist in den meisten Fällen von Anfang bis Mitte Juli zu rechnen. Die anschließende Bettelflugperiode, während der die Jungtiere in engen Grenzen umherfliegen und den mit Beute ankommenden Altvögeln die Nahrung abjagen, spielt sich im unmittelbaren Horstumfeld ab. Die Jungen verlassen das Brutrevier und ihre Eltern meist im August.
Standorttreu und lebenslänglich!
Die Partner halten zumindest für eine Brutzeit zusammen. Infolge einer sehr hohen Nesttreue können sich aber über viele Jahre stabile Paare bilden.
Je Revier sind etwa ein bis drei Wechselhorste zu finden, die von den Milanen alternativ genutzt werden können. Es besteht die deutliche Tendenz, dass Horste nach erfolgreichen Bruten im Folgejahre wieder benutzt werden. Nach einer erfolglosen Brut hingegen ist eine Wiederbesetzung nicht so wahrscheinlich. Das Revier hingegen wird auch dann beibehalten, Rotmilane sind sehr standorttreu.
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